Ich naiver Narr habe tatsächlich gedacht, dass an der Küste entlang das Velofahren leichter wird, da die Strassen flacher sind. Naja, die Berge sind schon nicht mehr so hoch, aber das macht keinen grossen Unterschied, wenn es immer steil hoch und runter geht. Beim Hochfahren hatte ich ein paar Mal bedenken, dass ich gleich die Kette zerreise, schieben ist aber keine Option für mich, ich bin langsamer und brauche noch mehr Kraft. Das Runterfahren ist meistens so steil, dass ich viel der Energie abbremsen muss, sehr ärgerlich, da ich sie mir vorher mühsam erarbeitet habe. Oft gab es an der tiefsten Stelle sogar ein Tor, so dass ich komplet anhalten musste und der ganze Schwung verloren ging. So kämpfte ich mich also die Berge hoch und runter und in die Fjorde hinein und heraus. Wäre die Landschaft und das Wetter nicht so wunderschön, wär Fjord wahrscheinlich zu einem Fluchwort für mich geworden.
Eigentlich hatte ich als Übernachtung einen Campingplatz in Lyngdal vorgesehen, hauptsächlich weil ich mich auf eine Dusche freute. Weil es schon ziemlich spät war, habe ich mich für eine „kleine“ Abkürzung vom offiziellen Radweg entschlossen. Als mich die Abürzung einen sehr steilen Kiesweg runterführte, hatte ich schon eine schlechte Vorrahnung und tatsächlich kam nachher ein lächerlich steiler Anstieg (lächerlich im wahrsten Sinne des Wortes, ich konnte nur noch Lachen vor Erschöpfung). Nach der Steigung entschloss ich mich nicht mehr weiterzufahren, dass es immer noch 15km zu fahren waren und ich nicht wusste was auf mich zukommt. Also suchte ich mir einen Schlafplatz bevor die Dunkelheit kam.
Am Schluss vom Tag habe ich über 2500 Höhenmeter gemacht. Soviel ich weiss, ist das ein Rekorf für mich. Und dass auf einer Etappe, in der ich mich auf flaches Gelände eingestellt habe.
Kurz vor dem Eindunkeln kam noch ein vollausgerüsteter, einheimischer Wanderer vorbei. Er mache eine kleine Abendwanderung, für mich sah es eher nach einer mehrtägigen Expetition aus. Er klärte mich noch auf, dass meine Abkürzung berüchtigt für die steilen Passagen ist, hätte ich das vorher mal gewusst. Auf dem Rückweg kam der Wanderer nochmals bei mir vorbei und erzählte, dass er wenige Minuten nach mir auf eine grossen Elch traf, dass ist nicht das erste Mal, dass ich das höre. Ich habe in meinen über zwei Monaten in Skandinavien keinen einzigen Elch gesehen, obwohl ich tagelang durch die Wälder fuhr und einsam, fernab von jeder Zivilisation übernachtete.